Was war der Sinn der Mission Jesu?

Der Sinn der Mission Jesu bestand und besteht bis heute in der Vermittlung einer neuen, universellen Lebenseinstellung den leidvollen und beschwerlichen Seiten unseres Daseins gegenüber.

Passion Jesu

Grundlegendes zum Verständnis der Lehre und der Passion Jesu

Der Sinn der Mission Jesu erschließt sich uns einerseits aus seinen überlieferten Worten (Evangelien) und andererseits in seiner Passion, das heißt, in seinem Leidensweg, den er ganz bewusst wählte. Beides sind grundlegende Aspekte seiner Botschaft, die zusammengehören. In seiner Lehre verdeutlicht Jesus, dass alle „Unordnung“ unseres menschlichen Daseins, wie Ungerechtigkeit, Schwäche, Irrtum, Täuschung, Leid und Tod “nicht” auf äußerliche Weise in Ordnung gebracht, d. h. heil werden können. Er macht deutlich, dass das Böse nur in einer bestimmten inneren Haltung gemeistert und somit „überwunden“ werden kann, wodurch es grundlegend gut wird. Diese Geisteshaltung verbal zu vermitteln und sie gleichzeitig selbst konsequent zu leben, war er gekommen.

Welche Lebenseinstellung vermittelte Jesus konkret?

Die neue Lebenseinstellung, die Jesus in seiner Botschaft vermittelte, ist allumfassend und universell. Sie besagt, dass Gott ausnahmslos alle Geschehnisse wirkt – eben auch die leidvollen und beschwerlichen. Deshalb sollen wir eben diese Bereiche in Gott „hineintragen“ damit sie einen Bedeutungswandel erfahren können. In Gott hineingetragen werden sie, indem wir sie ganz „individuell“ für uns als bedeutungsvoll auffassen und deshalb vertrauensvoll annehmen, auch wenn sie beschwerlich, ungerecht oder leidvoll sind. Deutlich wird dieses universelle Lebensverständnis Jesu an Weisungen wie der folgenden:

Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Steuereintreiber?

Matthäus 5, 43-48

Da Gott alle Geschehnisse wirkt, geschieht uns der Lehre Jesu nach, nichts von ungefähr. Im Licht seiner Botschaft wird uns alles bedeutsam, in allen Dingen liegt ein tiefer Sinn verborgen, der von uns gesucht und gefunden werden will. Dieser Sinn ist Gott selbst – der verborgene Sinn im vermeintlich Sinnlosen. In diesem Verständnis fordert Jesus uns zu einer sehnsuchtsvollen inneren Sinn- und Gottsuche auf:

Bittet, so wird euch gegeben; sucht, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan.

Matthäus 7,7

Die erste Aufforderung beschreibt eine innere Sehnsucht nach Geist (Gott), ohne die uns kein neues Lebensverständnis zuteilwerden kann. Die zweite Aufforderung vermittelt uns ein tiefes Vertrauen, durch welches Gott (Geist und Sinn) sich dem aufrichtig Suchenden nicht verschließen kann, sondern sich offenbaren muss. Und die dritte Aufforderung bezieht sich auf alle harten Grenzen, die das hiesige Leben uns setzt.
Leid, Tod, Unrecht, Verleumdung, Ausgrenzung, Demütigung etc.
wir sollen diese Grenzen bewusst berühren, wodurch sie zu uns zu Türen werden, die uns neue Räume eröffnen.
Dabei kann nur das, was wir für uns „selbst“ als bedeutsam erkennen und annehmen, aufhören sinn- und bedeutungslos zu geschehen. Es ist insofern nicht möglich, jemanden anzuweisen, wie er richtig leben und handeln soll. Richtiges Leben im Sinne Jesu kommt aus dem Vertrauen, dass alles, was uns an Beschwerlichem und Leidvollem begegnet und anhaftet, einen Sinn erfährt, wenn wir es in der Geisteshaltung Jesu tragen und auf uns nehmen. Dabei ist es unerheblich, ob die Einschränkungen in uns selbst liegen (Schwäche, Irrtum, Täuschung) oder ob wir sie durch die Hand anderer erdulden.

So sind wir im Sinn Jesu aufgefordert, unsere eigene Schwäche zum Anlass zu nehmen, Vergebung und Barmherzigkeit gegenüber unserem Mitmenschen zu üben.

Bei Jesus war es die Schwachheit und Verletzlichkeit seines menschlichen Körpers, die er zum Anlass genommen hat, diesen für uns hinzugeben.

Was ist unter der Wahrheit zu verstehen, die Jesus selbst verkörperte?

Um uns diese Geisteshaltung zu vermitteln, war Jesus gekommen, darin bestand der Sinn der Mission Jesu. Diese Lehre von der grundlegenden Änderung unserer Lebenseinstellung hat er nicht nur verkündet, sondern er hat sie in seiner Passion auch selbst konsequent gelebt. In diesem Zusammenhang bezeichnet er sich selbst als die Wahrheit:

Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben …

Johannes 14, 6

Hier geht es um ein transzendentes Verständnis von Wahrheit – also um jene Wahrheit, die über unsere sterbliche Existenz hinausreicht. Mit anderen Worten; es geht um ein zeitloses Wahrheits- und Selbstverständnis. In diesem Selbstverständnis war Jesus fähig, sich Verrat, Verleumdung, Unrecht, Demütigung, Leiden und Sterben auszusetzen. Denn eben das ist das Wesen der Wahrheit Jesu, dass sie durch keine Sanktion der Welt geschmälert oder vernichtet werden kann, sondern, dass sie immer und ausschließlich Förderung erfährt, und zwar dort, wo sie das Hinderliche aus der Hand Gottes auf sich nimmt und trägt.

Autor: Elmar Wieland Vogel

Autor, Bildhauer, Liedermacher, Lyriker. Hier blogge ich zu den Themen: Theologie, Christologie, Philosophie und christliche Mystik.

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Ursula Ullrich
Gast
Ursula Ullrich
1 Jahr zuvor

Lieber Elmar,
soeben habe ich Deine erneut überarbeiteten Texte gelesen. Ich danke Dir sehr.
Du eröffnest mir ganz neue Sichtweisen, Deine konsequente, klare Sprache rüttelt mich auf, macht mich sehr nachdenklich, aber auch demütig…
Jahrzehntelang habe ich die Worte Jesu gehört, gelesen, selbst als Lektorin verkündet, aber so verinnerlicht und mit einem ganz neuen Ansatz und Verständnis habe ich die Botschaft Jesu – nach mehrmaligem Lesen – jetzt erst richtig aufgenommen. Ich habe erkannt, dass es unnötige Umwege gegeben hat in meinem Leben. Die Klarheit der Botschaft will nur eins – das eindeutige Verständnis der Worte Jesu und die bedingungslose Annahme und Umsetzung dieser. Ich werde sehr an mir arbeiten müssen!
Danke, dass Du Dir soviel Mühe machst, soviel Zeit aufwendest! Deine Liebe zu Jesus Christus und wie Du Dich um das Verständnis für seine Botschaft einsetzt, sind anerkennens- und vor allem bemerkenswert.
Gott mit Dir!
Herzlichst Ursula

Elmar Vogel
Gast
Elmar Vogel
1 Jahr zuvor
Antwort an  Ursula Ullrich

Liebe Ursula,
herzlichen Dank für Deinen sehr persönlichen Kommentar zu meinem Beitrag. Es freut mich, dass Dich der Text inhaltlich angesprochen hat und er Dir einen tieferen Zugang zu den Worten Jesu eröffnet hat. In einer Sache muss ich Dir allerdings widersprechen; es gibt keine “unnötigen” Umwege in einem Leben. Unnötig ist immer nur das, was wir als solches empfinden. Im Geist Jesu hingegen dient uns ausnahmslos alles, insbesondere das Irrtümliche, das Schwache und das Falsche, dem wir erlegen sind oder täglich erliegen. Gerade die “peinlichen” Dinge dienen uns ganz konkret, und zwar in dem Moment, wo wir unsere eigenen menschlichen Schwächen als Aufforderung verstehen, barmherzig mit den Schwächen unserer Mitmenschen zu verfahren. Wo wir unsere eigene Mangelhaftigkeit zum Anlass nehmen, Gnade walten zu lassen und wir dadurch bereit werden, unseren Mitmenschen ihre Fehler zu vergeben, eben weil wir selbst der Vergebung bedürfen.
Herzliche Grüße
Elmar

Ursula Ullrich
Gast
Ursula Ullrich
1 Jahr zuvor
Antwort an  Elmar Vogel

Lieber Elmar,
ganz herzlichen Dank für Deine ernsthafte und sehr einfühlsame Antwort. Sie hat mir gerade in einem ganz aktuellen persönlichen Geschehen – mit ungewolltem Ausgang – sehr geholfen. Über seinen eigenen Schatten zu springen, ist nicht so einfach, wenn man es dennoch gewagt hat, erfüllt einen das positive Ergebnis absolut und macht wieder froh.
Danke für Deine wunderbaren wegweisenden Anstöße, die sehr hilfreich für mich waren.
Herzlichst und mit allen guten Wünschen für Dich und Dein geistiges Schaffen
Ursula

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