Herbstmelancholie

In stummen Schauern gehen Blätter nieder,
ein federleichter Fall bringt sie zur Erde sacht,
und Baum um Baum reckt unbedeckte Glieder
empor zum Himmel, in die sternenklare Nacht.

Fern fallen die Gestirne - in weiten Räumen
verlischt ihr Glanz im Abgrund dunkler Tiefen dort.
Das Höchste und das Tiefste will uns träumen,
ihr Raunen ist dem Schlummernden ein sanftes Wort. 

Im dunklen Abgrund wie in höchster Sphäre liegt
der Sinn des Wortes, das einst unerkannt gesagt,
dass Wind das tote Blatt im Fallen sanft noch wiegt
und, dass erstrahlen wird, was ganz zu fallen wagt.

Elmar Vogel am 30. September 2020

Herbstgedanken

Der Herbst fällt ein mit kühler Hast knickt er das Blümlein blau,
 die stolzen Rosen schlank und schön vergehn im Nebelgrau.
 Kein Widerstand, kein Aufbegehrn, kein  Fluch und auch kein Streit.
 In tiefer Stille scheint die Kreatur zum Abgang nun bereit.

Vorüber ist das Lustspiel auf der weiten Bühne der Natur.
 Schon kleiden für den letzten Akt sich Wald und Feld und Flur.
 Nun wird sich Blatt um Blatt noch einmal prachtvoll färben.
 Mir scheint, ein letztes großes Leuchten steht vor allem Sterben.

Ach könnte ich den eignen Herbst doch nur in diesem Bild begreifen,
 so würde ich wie eine süße, volle Frucht am Baum des Lebens reifen.
 Dort wüsste ich, dass alles Fallen und Vergehn ein tiefer Sinn durchwebt,
 dass Sterben nicht Verderben ist und Neues nur durch Altes lebt.

Elmar Vogel – Oktober 2019